Es kommt immer ein nächstes Lieferjahr: Energiebeschaffung oder -verkauf ist dauerhaftes Tagesgeschäft eines Einkäufers, Händlers oder Portfoliomanagers – mit unterschiedlichen Interessen. In Märkten mit Vertragspreisschwankungen von mehr als 50% je Lieferjahr, steigenden Einzelhandelsmargen und fehlender Lagerfähigkeit sind die Potenziale groß – wie auch die Risiken.
Konsequenz: Sobald Energiepreise die Wettbewerbsposition eines Unternehmens beeinflussen ist eine aktive Gestaltung und Positionierung wichtig.
Während in der Startphase der Marktliberalisierung Effekte wie negative Einzelhandelsmargen und subventionierte Lieferangebote zu nutzen waren geben mit zunehmender Professionalisierung die Anbieter zwangsweise alle Marktrisiken (z.B. aus Preisschwankungen, Lastprognoseunsicherheiten etc.) an den Nachfrager zum Vertragsabschlusszeitpunkt weiter.
Konsequenz: Die Marktpreisrisiken des Energiegroßhandels treffen jeden Vertrag – gleichgültig ob ein Unternehmen einen Einzelhandelsvertrag abschließt (wie Vollstromversorgung, Preisgleitverträge, etc.) oder direkt auf Großhandelsebene beschafft.
Daraus folgt: Energieeinkauf bzw. -verkauf ist für energiepreissensible Unternehmen der Bereich mit den dauerhaft höchsten Gestaltungsmöglichkeiten in Bezug auf die eigene (energiebezogene) Wettbewerbsposition.
Dementsprechend sind die Preisunterschiede für vergleichbare Liefermengen in der Praxis auch bei branchengleichen Unternehmen groß. Aufgrund der zu erwartenden Zunahme von kurz- und langfristigen Volatilitäten, Einzelhandelsmargen und Produktangeboten ist eine weitere Vergrößerung dieser Preis- bzw. Kostenunterschiede wahrscheinlich.
In den volatilen Energiemärkten mit länger vorlaufendem Handelszeitraum (vor Lieferung) und ausgeprägten Preistrends (wie Aufwärtstrends) folgen die wettbewerbskritischen Potenziale und ihre Realisierung marktlogisch aus den Rahmenbedingungen.
Beispiele: Sukzessive Vermeidung von Einzelhandelsmargen (durch schrittweisen Übergang zu direkter Großhandelsbeschaffung), Nutzung der Marktbreite (je Beschaffungsvorgang, Zeitpunkt), Vermeidung von Abhängigkeiten und Interessenskonflikten, marktgerechter Umgang mit Prognose- und Mengenrisiken und als wichtigsten Aspekt: Minimierung der Zeitpunktsrisiken durch geeignete Beschaffungsstrategien.
Erfolgskritische Voraussetzungen: Direkter Großhandelszugang inklusive Abwicklung, frühzeitige Readiness (Organisation, Prozesse, Marktzugang, Abwicklung) zur Nutzung des gesamten Beschaffungszeitraums je Lieferjahr, professionelle Market Intelligence und permanente Marktbeobachtung bei hoher Reaktionsgeschwindigkeit.
Zusammenfassung: Die energiemarktseitigen Potenziale bzw. Risiken wie auch die Erfolgsfaktoren zur ihrer laufenden Realisierung bzw. Vermeidung, sind grundsätzlich mit anderen Handelsmärkten für Commodities, Aktien o. ä. vergleichbar. Wesentliche Unterschiede bestehen u. a. bei Lagerfähigkeit, Liquidität, rechtlicher Regulierung oder Abwicklung.
Fazit: Aufgrund der hohen absoluten Beträge muss jedes Unternehmen mit Exposure im Energiemarkt aktive Risikovermeidung professionell betreiben – dabei steigt für „Nachzügler“ der Wettbewerbsdruck. Dies gilt sowohl für industrielle Verbraucher als auch für Weiterverteiler. In der Praxis bauen auf Basis kaufmännischer make-or-buy-Überlegungen nur wenige Unternehmen mit sehr großen Verbrauchsvolumen (üblicherweise > 3 TWh/a) vollständige eigene Energiehandelsabteilungen auf. Mehrheitlich werden spezialisierte Kompetenzen und Strukturen unter Vermeidung von Interessenskonflikten extern abgebildet.
Enexion als spezialisierter Dienstleister unterstützt Unternehmen bei der preis- und risikominimalen Energiebeschaffung – als Berater und ausgelagerte Beschaffungsabteilung helfen wir unseren Kunden Schritt für Schritt auf dem Weg vom „risk taker“ zum „risk manager“.